Open Government als Rekrutierungsinstrument

| 13:09 Uhr

Der Arbeitsmärkte ist im Wandel, vom ArbeitGEBERmarkt zu ArbeitNEHMERmarkt. Schon heute bewerben sich in vielen Bereichen nicht mehr (Nachwuchs-)Fachkräfte bei potenziellen Arbeitgebern, sondern Unternehmen bei zukünftigen (Nachwuchs-)Fachkräften.

Verwaltung und Bergbau: nicht-dialogorientierte Rekrutierung

Die Entwicklung macht auch vor dem öffentlichen Dienst nicht Halt. Dieser ist jedoch noch in der klassischen Sende-Funktion der (Print-)Stellenanzeige verhaftet. Laut einer Untersuchung des Bundesverbandes der Personaldienstleister setzen nur noch zwei Branchen auf Print-Stellenanzeigen: die öffentliche Verwaltung und die Bergbau-Branche (siehe Artikel).

Durch die Einschränkung auf diese nicht-dialogorientierten Rekrutierungsinstrumente, ist für viele Nachwuchskräfte die Verwaltung eine „black box“. Viele Schülerinnen und Schüler, Studentinnen und Studenten, aber auch Quereinsteiger, wissen weder, welche (durchaus attraktiven) Tätigkeitsbereiche es im öffentlichen Dienst gibt, noch wie sie an diese Stellen kommen und ob sie hierfür überhaupt „befähigt“ sind.

Von Open Government zu Open Recruiting

Was hat Open Government nun mit Personalrekrutierung im öffentlichen Dienst zu tun? Open Government ist eine Frage der Politik- und Verwaltungskultur. Die Öffnung von Regierung und Verwaltung gegenüber der Bevölkerung und der Wirtschaft kann zu mehr Transparenz, Teilhabe, Zusammenarbeit, Innovation und zu einer Stärkung gemeinschaftlicher Belange beitragen.

In Deutschland wird Open Government derzeit hauptsächlich unter technischen Aspekten (Open Data, Web 2.0, Hackathons, etc.) betrachtet oder unter Transparenz- und Beteiligungsaspekten (Informationsfreiheitsgesetze, Bürgerbeteiligung). Offenes Regierungs- und Verwaltungshandeln kann jedoch auch als Rekrutierungskanal genutzt werden.

Weil durch klassische Stellenanzeigen immer weniger Bewerber generiert werden, gewinnt der persönliche Kontakt zu geeigneten Kandidaten zunehmend an Bedeutung. Das heißt, dass Behörden und Verwaltungen sich stärker in passende Communities einbinden oder vielleicht sogar entsprechende Communities gründen müssen. Wieso sollte das Amt für Straßen und Verkehr einer Stadt nicht regelmäßig zu einem lockeren und dialogorientierten Themenabend (z.B. direkt in der Uni) einladen, der sich mit neuen Techniken in der Verkehrslenkung beschäftigt? Entsprechende Ingenieure zu finden, ist derzeit eine Königsdisziplin für die Personalabteilungen der Verwaltungen.

Natürlich ist die IT für solche community-zentrierten Instrumente besonders geeignet, erste Beispiele aus dem öffentlichen Dienst gibt es bereits. Entsprechende Nachwuchs-Fach-Communities können aber in nahezu jedem Bereich der Verwaltung aufgebaut werden, aber bitte einfach und niederschwellig, ohne Pressemitteilungen und politischen Honorationen. Oder besser noch: die entsprechende Führungs- oder Fachkraft aus der Verwaltung besucht selbst solche, eventuell bereits bestehenden Nachwuchs-Communities und bringt sich ein.

Persönliche Netzwerke als Rekrutierungskanal

Dies erfordert aber einen cultural shift in der Verwaltung – eben hin zu Open Government: fachliche Herausforderungen, vor denen die Verwaltungen stehen, werden nicht weiter verschwiegen, sondern mit der Fachcommunity geteilt, dialogorientiert, auf Augenhöhe. Führungs- und Fachkräfte im öffentlichen Dienst sitzen nicht abgeschottet in ihren Büros, sondern vernetzen sich (offline und online) mit dem Nachwuchs und werden dabei von der Personalabteilung und dem Verwaltungschef unterstützt! Auf diese Weise wird das Wissen von vielen für die öffentliche Aufgabenwahrnehmung genutzt und die Verwaltung oder die entsprechende Führungskraft baut sich ein persönliches Netzwerk in der Nachwuchs-Community auf, dass bei Bedarf auch als Rekrutierungskanal genutzt werden kann.

 

Carsten Köppl, Gründer und Geschäftsführer der Beratungsagentur Next:Public
carsten.koeppl@nextpublic.de